Ohne Feminismus ergibt Liberalismus keinen Sinn!

Liberalismus steht dafür ein, jedem Menschen faire Chancen zu gewähren, sich gemäß seinen eigenen Ideen und Talenten zu entfalten und selbstbestimmt glücklich zu werden. Wer sich aber für ein selbstbestimmtes Leben aller einsetzt, der muss den Blick auch auf die Hindernisse werfen, die Frauen aufgrund ihres Geschlechts im Weg stehen.

Die größtenteils erreichte formale Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Recht ist nicht genug; sie muss auch in der konkreten Lebenswelt Einzug erhalten und gefestigt werden, damit gleiche Rechte auch in gleiche Chancen münden. Hinsichtlich dieser Herausforderungen sitzen Liberalismus und Feminismus im selben Boot. Das liberale Prinzip der Leistungsgerechtigkeit gilt nicht nur für Männer, sondern ganz besonders auch für diejenigen Frauen, die allein deshalb, weil sie eine Frau sind, weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Die Chancengerechtigkeit für Kinder, durch Bildung ihren Lebensweg selbst zu bestimmen, gilt nicht nur für Jungen; sie muss sich genauso an Mädchen wenden, die für sich immer noch bestimmte Berufe aufgrund hergebrachter Rollenbilder ausschließen.

Die Förderung der Freiheit des Individuums von Geschlechterstereotypen und der Erwartungshaltung, die mit ihnen einhergeht, ist unserer Meinung nach damit ein kernliberales Anliegen. Der liberale Feminismus denkt jedoch männlich, weiblich, divers und intersektionell; er bezieht alle Geschlechter zur Verwirklichung eines gemeinsamen Ziels ein und tritt jeglichen weiteren Diskriminierungsformen entschieden entgegen. Der liberale Feminismus hält sich auch nicht an vorher festgelegten Zahlen fest und fordert keine Quoten. Er geht vielmehr einen differenzierten Weg, indem er keine Verbotskultur fordert, sondern eigene Ideen positiv formuliert.

Dass „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht selbstverständlich ist, ist für den liberalen Feminismus nicht hinnehmbar. Hier sollten insb. die individuellen und kollektiven Auskunftsansprüche nach dem EntGTranspG gestärkt werden. Zudem ist für einen erfolgreichen Karriereweg die Vereinbarkeit von Beruf und Familie essentiell. Die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, die Förderung der Pflege Angehöriger sowie der Ausbau – sowohl in zeitlicher als auch in qualitativer Hinsicht – von Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind hier unerlässlich. Zu der Umsetzbarkeit selbstbestimmter Lebensmodelle unabhängig vom biologischen Geschlecht oder der sexuellen Orientierung gehört zudem auch eine Liberalisierung der Elternrollen sowie eine attraktivere Gestaltung der Elternzeit.